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Erbliche (heriditäre) Herz- und Gefäßerkrankungen und plötzlicher Herztod
Immer wieder ist in der Presse von Sportlern, Künstlern oder anderen Prominenten zu lesen, die im jungen Erwachsenenalter plötzlich und unerwartet versterben. Ursächlich dafür sind sehr häufig Herzrhythmusstörungen z.B. anhaltendes Kammerflimmern oder eine anhaltende Kammertachykardie, welche einen funktionellen Herzstillstand und in dessen Folge den plötzlicher Herztod (PHT oder Sekundentod) hervorrufen. Nur wenn rechtzeitig (d.h. innerhalb von Minuten) nach Beginn der Bewusstlosigkeit Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden kann der Patient den plötzlichen Herztod überleben. Während lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen im höheren Lebensalter i.d.R. als Folge von schweren Veränderungen des Herzmuskels wie beispielsweise durch Narbengewebe nach Herzinfarkten oder durch Herzmuskelveränderungen nach Herzmuskelentzündungen auftreten, finden sich bei jungen Menschen mit plötzlichem Herztod häufig angeborene (erbliche) Veränderungen des Herzens (sogenannte Kanalopathien und/oder Myopathien). Meist findet sich in ihren Familien auch andere Familienmitglieder, die ebenfalls früh verstarben. Nur selten entstehen diese vererblichen Erkrankungen neu (durch spontane Veränderung des Erbgutes; Spontan-Mutation). Wenn dies aber doch geschieht, können diese Spontanmutationen dann aber ebenfalls an nachkommende Generationen weitervererbt werden.
Die häufigsten dieser erblichen Herzrhythmusstörungen sind das Vorhofflimmern, das Brugada-, Long QT-, Short-QT und die katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie (CPVT). Sie werden durch gut charakterisierte Veränderungen bestimmter Eiweiße hervorgerufen deren Synthese im Erbgut von einzelnen Genen kontrolliert werden (monogenetische Erkrankungen). Punktmutationen der Gene verursachen den Verlust oder die Funktionsänderung der von den Genen kontrollierten Eiweißen. In der Folge wird die spezifische Erkrankung bei den Patienten manifest. Diese genetischen Mutationen können vom Betroffen an seine Nachkommen weitervererbt werden.
Die Vererbung dieser Erkrankungen folgt meist einem sogenannten autosomal dominanten Erbgang folgen (d.h. die Hälfte der Nachkommen 1. Grades sind ebenfalls von der Krankheit betroffen), einzelne kardiale Erbkrankheiten können aber auch einem autosomal rezessiven - [nur wenn das veränderte Gen sowohl von Vater als auch von der Mutter vererbt wurde (d.h. doppelt vorhanden ist) erkranken die Patienten] oder X-chromosomal rezessiven Erbgang [nicht erkrankte Mütter (Konduktorinnen) vererben die Erkrankung an die Hälfte ihrer Söhne] folgen.
Ähnlich werden die mutierten Gene, welche Herzmuskelerkrankungen hervorrufen, als monogenetische Erkrankungen an die Hälfte der Nachkommen eines Betroffenen weitervererbt. Die Erbgänge, denen diese Myopathien wie bspw. die arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVD), die hypertrophe Kardiomyopathie [H(O)CM], die linksventrikuläre Non-Compaction Kardiopathie (LVNC) oder die restriktive Kardiomyopathie (RCM) unterliegen sind i.d.R. ebenfalls autosomal oder X-chromosomal dominant, selten autosomal rezessiv. Nur sehr selten unterliegen kardiale Myopathien einem matrinalen Erbgang (d.h. die Erkrankung wird ausschließlich von Müttern auf ihre Kinder vererbt). Bei diesen Erkrankungen handelt es sich um erbliche Störungen der Mitochondrien, welche für die Energieversorgung der Zellen (Herzmuskelzellen) verantwortlich sind.
Schließlich kann auch eine Erweiterung der Hauptschlagader (Aortenaneurysma) zum plötzlichen Platzen und damit zu unerwarteten, plötzlichen Todesfällen führen. Ein großer Teil dieser Aortenaneurysmen wird von vererbbaren Bindegewebsstörungen verursacht, Erkrankungen die ebenfalls regelhaft autosomal dominant selten autosomal rezessiv vererbt werden. Sofern frühzeitig festgestellt wird, wer Anlagenträger ist und somit mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Aortenaneurysma betroffen ist, kann bei diesen durch gezielt präventive Maßnahmen wie einer hoch dosierten Medikamententherapie der Verlauf der Erkrankung hinausgezögert und später durch eine rechtzeitige Operation der letale Verlauf der Erkrankung abgewendet werden.
Von diesen Erbkrankheiten möglicherweise betroffene Personen (und Nachkommen von betroffenen Patienten) werden heute regelmäßig und engmaschig kardiologisch untersucht um frühzeitige Hinweise darauf zu erhalten ob sie ebenfalls von der Erkrankung betroffen sind um ggf. frühzeitig mit einer medikamentösen oder (primär-) präventiven Therapie [z.B. der Implantation eines implantierbaren Defibrillators (AID)] beginnen zu können. Trotz all dieser Maßnahmen ist heute meist der eingetretene (und überlebte) plötzliche Herztod bei den Patienten der erste Hinweis auf das Vorliegen einer solchen vererbbaren Herzerkrankung. Da diesen Erkrankungen wie o.a. bekannte monogenetische Veränderungen des Erbgutes zugrunde liegen, lassen sich heute durch genetische Untersuchungen die betroffenen Risikoträger mit erheblich höherer Präzision und wesentlich frühzeitiger identifizieren und präventiv behandeln. Hierzu eignet sich besonders moderne genetische Untersuchungen wie das Next Generation Sequenzierung (NGS). NGS erlaubt es durch eine einfache Blutuntersuchungen bis zu mehrere hundert potentielle Krankheitsgene gleichzeitig zu untersuchen und so das individuell betroffene Gen der potentiellen betroffenen Personen sicher zu identifizieren. Die genaue Position der Mutation auf dem betreffenden Gen, welche in der betroffenen Familie weitervererbt wird, kann dann im Sinne einer Stufendiagnostik durch Gensequenzierung genau charakterisiert und über die Generationen weiterverfolgt werden. Gleichzeitig können nicht betroffene Nachkommen erblich belasteter Familien frühzeitig von den Sorgen zu erkranken befreit und eine Vielzahl unnötiger „Vorsorgeuntersuchung“ so vermieden werden.
Verantwortlicher Autor: D.C. Gulba
- ARVC/D - Genetik der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie/ Dysplasie
- Alagille-Syndrom
- Alström-Syndrom
- Axenfeld-Rieger-Syndrom
- Brugada-Syndrom
- CHARGE-Syndrom
- CPVT - Katecholaminabhängige polymorphe ventrikuläre Tachykardie
- DCM - Dilatative Kardiomyopathie
- Ehler-Danlos-Syndrom
- Ellis-van-Creveld-Syndrom
- Familiäre Dilatative Kardiomyopathien
- Familiäre Hypertrophe Kardiomyopathien
- Familiäre Isolierte arrhythmogene ventrikuläre Kardiomyopathie Typ 9
- Familiäres Mittelmeerfieber
- Familiäres thorakales Aortenaneurysma
- Feingold-Syndrom Typ 1 / Typ 2
- Friedreich-Ataxie
- HCM / HOCM - Hypertroph (obstruktiven) Kardiomyopathie
- Holt-Oram-Syndrom
- Hydrolethalus-Syndrom
- Hyperlipidämie - familiäre Fettstoffwechselstörungen
- Kabuki-Syndrom
- LEOPARD-Syndrom
- Loeys-Dietz-Syndrom
- Long-QT-Syndrom
- LVNC - Linksventrikuläre Non-Compaction Kardiomyopathie
- Marfan-Syndrom
- Morbus Fabry / Alpha-Galaktosidase-A-Mangel
- Myotone Dystrophie Typ 1 / Typ 2
- Nagel-Patella-Syndrom
- NCCM - Linksventrikuläre Non-Compaction Kardiomyopathie
- Noonan-Syndrom
- Okihiro-Syndrom
- Osteoarthropathie, hypertrophe
- Otopalatodigitales Spektrum
- RCM - Restriktive Kardiomyopathie
- Simpson-Golabi-Behmel-Syndrom
- Spondylokostale Dysostose
- TAAD - Thorakales Aortenaneurysma
- Townes-Brocks-Syndrom
- Tuberöse Sklerose